Hinter ihm strahlte das Brandenburger Tor im Sonnenschein, und der Berliner Jung mit der Golden Sportpyramide in den Händen noch viel mehr. Im legendären Bundeszimmer des Nobelhotels „Adlon“ durfte Jochen Schümann am Freitagnachmittag schon einmal mit der höchsten Auszeichnung des deutschen Sports posieren. Sitzend, stehend, von links und von rechts, immer wieder lächelte er über die nur knapp 20 Zentimeter messende Pyramide hinweg, in die alle Sportarten eingraviert sind und oben in der Spitze der Name des Preisträgers. „Ich bin ja heute wie ein Pharao“, meisterte „Schümi“ die Wünsche von mehr als ein Dutzend Fotografen.
Offiziell überreicht wird die Goldene Sportpyramide am späten Abend im Ballsaal während einer Benefiz-Gala. Dann erfolgt auch die Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports. Vorab ließ der dreimalige olympische Goldmedaillengewinner und zweifache America’s Cup-Sieger, den der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Sporthilfe, Michael Ilgner, als „erfolgreichsten Segler der Welt“ einstufte, seine Karriere vor der Presse Revue passieren.
„Die Ehrung für mein Lebenswerk ist schon etwas gewöhnungsbedürftig“, schilderte Schümann seine Überraschung, noch während seiner aktiven Zeit in die Reihe der Allstars aufgenommen zu werden. Schließlich geht’s zwei Tage später schon wieder aufs Wasser zur Rolex Capri Sailing Week. Braungebrannt von den Riggtests der „Esimit Europa 2“ aus Livorno beeindruckte der Segler die Landratten unter den Medienvertretern mit klaren Worten. Auf die Frage nach ausbleibenden aktuellen Olympiaerfolgen, konstatierte er: „Geld bekommt der Nachwuchs inzwischen genug. Doch das ist nicht alles. Jetzt muss gelernt werden, die Trainingszeiten effizient zu nutzen und aus den Möglichkeiten das Meiste rauszuholen.“ Nur mit Medaillen werde Deutschland künftig auch bei anderen Wettbewerben wie dem America’s Cup überhaupt eine Rolle spielen können.
Das Thema Sport und Politik beleuchtete Schümann mit gemischten Gefühlen. Niemals, in keinem politischen System, könne sich der Sport davon freimachen, auch benutzt zu werden. Auf der anderen Seite nehme der Sport sich über öffentliche Gelder auch, was er brauche. Das sei ein Miteinander. Als positiver politischer Botschafter, so wie als Crewmitglied der „Esimit Europa 2“ für die Einheit Europas, verstehe sich der Segler Schümann nicht missbraucht. Im Gegenteil. Als Opfer eines Olympiaboykotts (1984 Los Angeles), als „ich bis zuletzt fest geglaubt habe, wir (die DDR, d. Red.) werden teilnehmen“, dagegen „sehr sinnlos abgestraft“.
„Jochen Schümann ist ein Mensch mit Haltung“, skizzierte ihn Michael Ilgner, „der nie den Blick auf die Systeme verloren hat.“ Seine einzigartige Fähigkeit, sich auf die Leistung zu konzentrieren, habe ihm den Weg an die Spitze geebnet. Die Laudatio von Bundesinnenminister Thomas de Maizière dürfte auch den Segelsport allgemein aufs Podest heben. Den mit 25.000 Euro dotierten Preis wird Schümann dritteln und neben dem Projekt „Sunshine for Kids“ und einem Segelnachwuchsprojekt auch den Deckarm-Fond zu Gunsten des 1979 beim Handball schwer verunglückten Gummersbachers Joachim Deckarm bedenken.
Originalbericht: segelreporter.com